private homepage von Dr. Jürgen Weber          
   


 
 

chinesische Gedichte
übersetzt von Jürgen Weber ©

Ming-Dynastie (1368-1644)
 

Cui Dian

Frühlingstag

 

Die Weiden stehen üppig schon

            das Wasser im Fluss ist voll Leben,

Aprikosenblüten wie Schnee

            lautlos herab sie schweben.

Morgenröte entrollt sich ganz,

            wie ein gemaltes Bild,

Mittendrin eine schöne Frau

            bläst schöne Flöte eben.

 

 
Zhang Meizhong
 

Gefühle im beginnenden Herbst

 

Herbstwind frisch

            das Wasser im Meer durchweht,

Die Sphäre der Nacht

            breitet sich einheitlich aus.

Ich denk an die Gattin

            der Mond über dem Dachfirst steht,

Krieger reiten

            im feuchten Tau hinaus.

 

Zum Seepavillon

            sind weiße Wolken geweht,

Dort an der Böschung

            gelbe Blätter ich schon fand.

Der Lauf der Dinge:

            ertragen wie alles vergeht,

Wir sollen auch lieben

            das würzige Wildkraut am Wegesrand.

 

 
Wei Guan
 

In Douchang denk ich an einen Einsiedler von früher

 

Nebel überm Fluss

            ist schon fast wie Regen.

Blumen diesem Berg

            ein besondres Aussehen geben.

Herbstlicher Wind

            lässt wenig von Vogel und Maus,

Eiskaltes Wasser

            treibt Schlangen und Fische hinaus.

 

Edel und rein ist

            der Sinn mir und ganz wach,

Doch bremst mich die Trägheit

            die Kraft, sie lässt bereits nach.

Weiße Wolken

            am Ufer ich hängen seh

Enttäuscht blick ich auf

            zu dem Gipfel des Bergs in der Höh’.

 
Wang Shiyuan
 

Am neunten Tag im Boot

 

Der Wind im Herbst

            die Blätter mächtig fliegen lässt;

Bin auf dem Fluss

            am 9. 9. Monatsfest.

Alle Welt

            steigt zur Feier in die Höhe,

Ich bin ganz ruhig,

            vom Blütenwein trink ich den Rest.

 
Li Xianyang
 

Auf den Bergeinsiedler Wang

 

Wo in Wolken Wasser fließen

            und es kalt im Sommer gar,

Dort drin lebt versteckt, verborgen

            er seit wer weiß wie viel` Jahr’.

Nicht viel gehört ihm selbst,

            für das er Steuern zahlen muss,

Die meiste Zeit ist er am Ufer

            bei seinem Fischerboot am Fluss.

 

Der Geist von Shu, er kommt zurück,

            und lässt Kräuter bunt erblühn,

Der Reiher selbst beginnt den Flug,

            als abendliche Nebel ziehn.

Wenn Waffenlärm erfüllt das Reich,

            dort oben er ruhig schlafen kann;

Für sich allein streift er umher,

            fürwahr, er ist ein heilger Mann.

 
Guang Lu
 

Im Frühling auf dem Westsee

 

Ich komme hierher

            nachdem das neue Jahr begann,

Mein stolzes Pferd

            schreitet über die Brücke zur Stadt,

Die Sonne geht auf,

            mit der hölzernen Gerte treib ich es an.

Jeder im Frühling

            an der Schönheit der Weiden Gefallen hat.

 

Der duftende Wagen

            wird durch spritzendes Wasser durchnässt,

Des Weisen Ärmel

            wird durchgewirbelt heftig vom Wind.

Ein kleiner Phönix

            aus den Blüten sich blicken lässt

Am Firmament

            die Wolken so fern wie die Sterne sind.

 
Gao Bing (1350-1423)
 

Der Einsiedler vom Bambusgehölz am Wasser

 

Der Bach ist klar

            die Bäume bis zu den Wolken gehen,

Ein Einsiedel lebt

            am Ufer tief im Wald dort drin.

Nur schwacher Mondstrahl

            ist auf fließendem Wasser zu sehen

Kräftiges Rauschen

            der Bambusblätter, dazwischen die Qin.

 

Verwunschene Töne

            dringen zu mir von dort aus der Ferne

Das Abbild des Himmels

            von weither macht rein mir den Sinn

Auch ich möchte

            wie Phönix und Kranich leben so gerne

Es wird kommen der Tag,

            da werf wie er ich die Amtsnadel hin.

 
Xie Xuan (1389-1464)
 

Pflaumenblüten fallen

 

Vor der Traufe

            vom Pflaumenbaum ein Paar,

Draußen vorm Haus

            heut Nacht der Wind war da.

Ich weiß nicht,

            woher die Flöte klang,

Kam beides zugleich,

            als ob es ein Ton ist, fürwahr.

 

 
Wang Tingxiang (1474-1544)
 

Ich entdecke die ersten weißen Haare

 

Tag um Tag

            bläst der Wind mit des Staubes Farbe,

Plag um Plag

            prägt dem Körper sich ein als Narbe,

Wen wunderts,

            wenn der klare Spiegel

Mir zeigt,

            dass ich schon zwei weiße Haare habe?

 
Fang Yizhi (1611-1671)
 

Den Mond betrachtend

 

Zur ganzen Scheibe ist

            der Mond über dem Berg geworden,

Ich kann ihn allmählich

            sehn hinterm Gipfel schon ganz.

Vor langer Zeit

            kam ich zum Pass hier nach Norden,

Heute doch fällt

            auf die südländische Kappe sein Glanz.

 

Zehntausend Meilen

            nur der Himmel weiß, wie viele das sind,

Zur dritten Nachtwach’

            wird’s im Schatten kalt.

Mitten im Traum

            auf dem Weg seh’ ich Frau und Kind,

Ich denk an früher

da Changan noch als Hauptstadt galt.